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Die Geschichte des Pfiesterhauses

 

Warum heißt das Rohrbacher Dorfmuseum eigentlich Pfiesterhaus?

Im Sandsteinbogen über dem Kellereingang befindet sich die Jahreszahl 1575.

Unsere Heimatforscherin Gudrun Elsner hat hierzu folgendes recherchiert und 1993 in Form eines Geschichtsbandes veröffentlicht. Hieraus ein paar Auszüge:

  • Zur damaligen Zeit lebten im Dorf Rohrbach vielleicht 250 bis 300 Menschen in ca. 80 „Herdstätten“ wie es in einer Quelle aus dem Jahre 1556 heißt. Rohrbach gehörte verwaltungsmäßig zum Unteramt Billigheim und dieses zum Oberamt Germersheim. Landesherr war der jeweilige Kurfürst von der Pfalz, der im Heidelberger Schloss residierte.

  • Im Gerichtsbuch der Gemeinde Rohrbach wurde am 1.11.1650 vermerkt, das das Ehepaar Hanß und Catharina Schaurer dieses Haus  für 118 Gulden an den reformierten Pfarrer Georg Melchior Geyer verkauften. Er war der Sohn des ehemals in Rohrbach ansässigen reformierten Pfarrers Albert Geyer. Im Dreißigjährigen Krieg wurde er unter der Herrschaft der Österreicher in die Schweiz vertrieben, weil er nicht Willens war, zum katholischen Glauben überzuwechseln.  Nach dem Krieg bekam er eine Anstellung als Pfarrer und Inspektor in Billigheim von wo aus er auch die Pfarrstelle in Rohrbach betreute.

  • Nach seinem Tod erbten seine Kinder das Haus. Nachdem Frankreich 1674 Germersheim überfiel und ausplünderte drohten weitere Enteignungen. Pfarr- und Schulhäuser wurden Katholiken zugesprochen und Beamtenstellen nach Möglichkeit mit Katholiken besetzt.

  • Am 09.02.1683 verkauften die Kinder des ehemaligen Pfarrers ihr Erbe an Hans Wendel Herrmann und seine Frau Magdalena zum Preis von 480 Gulden. Ihre Tochter Anna Maria Herrmann war zu diesem Zeitpunkt gerade ein Jahr alt. Sie heiratete später einen Hans Bernhard Schaurer. Dieser war der Enkel des ursprünglichen Besitzers und Erbauers Hanß Bernhard Schaurer. So war das Haus durch Heirat wieder in den Besitz der Familie Schaurer gelangt.

  • Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen allerdings vier früh verstarben. Der Sohn Hans Peter Schaurer heiratete Maria Elisabetha Consell aus Billigheim. Mit ihr lebte er im Haus der inzwischen verstorbenen Eltern. Danach erscheint kein direktes Mitglied seiner Familie mehr in den Quellen. Vermutlich ist Hans Peter Schaurer mit seiner Familie einem der zur derzeit populären Auswanderungskampagnen nach Amerika oder dem Banat gefolgt.

  • 1786 findet sich wieder der erste Hinweis auf den Nachbesitzer. Der Tagelöhner Johann Adam Modé hatte sich 1758 mit Anna Barbara Schaurer verheiratet. Sie war die Tochter von Johann Jakob Schaurer, einem Neffen von Hans Peter Schaurer. Das Haus ist also innerhalb der Familie weitergegeben worden.

  • Nach dem radikalen Umsturz in Frankreich wurde die Pfalz wieder einmal Kriegsschauplatz und Rohrbach kam zum Departement Bas-Rhin. Die Franzosen führten die Tür- und Fenstersteuer ein. Diese berechnete sich nach der Anzahl der Türen und Fenster, die der Straße zugewandt waren. In diesen Unterlagen findet sich auch der Besitzer des Hauses Georg Modé, der ältere Sohn von Adam Modé. Er war seit 1791 mit Maria Catharina Imhoff aus Rohrbach verheiratet.

  • Bei einem Landauer Notar wurde am 28.2.1839 eine Schenkungsurkunde verfasst. In dieser teilen Georg Modé und seine Frau ihr Haus in zwei Hälften auf  und verschenken es an ihre Kinder. Eine Hälfte erhielt ihr Sohn Adam Modé und die andere ihre Tochter Magdalena, welche mit dem Ackersmann Jakob Pfiester verheiratet war.
  • In Aufzeichnungen vom Oktober 1857 sind die Auswanderungen der beiden ältesten Töchter Adam Modés Elisabeth (20 J.) und Magaretha (18 J.) nach Amerika vermerkt. 1859 folgte der inzwischen 50-jährige Adam Modé mit seiner Frau und den fünf jüngsten Kindern nach Cincinnati. Am 1.2.1868 übertrug Magdalena Pfiester ihrem Sohn Johannes Pfiester I. die vordere Haushälfte. Er war verheiratet mit Anna Maria Fischer.

  • Am 28.3.1882 konnte das Ehepaar Pfiester die hintere Haushälfte von dem Musiker Franz Hammerschmitt und dessen Frau Anna Maria Fuß für 900 Mark zurückkaufen. An diese hatte Adam Modé seinen Hausanteil wohl zur Finanzierung seiner Auswanderung verkauft.

  • Das nun wieder zusammengeführte Anwesen wurde am 23.02.1907 von der inzwischen verwitweten Anna Maria Pfiester auf ihren Sohn Valentin Pfiester V. übereignet. Valentin blieb unverheiratet. Ihn beerbte 1918 sein Bruder Michael Pfiester. Dieser war „auf der Walz“ nach München gekommen, wo er als Schuster seinen Lebensunterhalt verdiente und seine spätere Ehefrau Magdalena Honer kennenlernte. Er kam nach dem Tode seines Bruders zurück nach Rohrbach und führte den landwirtschaftlichen Betrieb weiter. Im Obergeschoß des Hauses richtet er sich seine Schusterwerkstatt ein und betrieb diese im Nebenerwerb. Er starb am 25.10.1939. Seine Ehefrau Magdalena lebte noch bis zum 5.4.1975 und wurde stolze 97 Jahre alt. Es heißt, das sie mit 92 Jahren noch ohne Brille stricken und lesen konnte.

  • Mit Magdalena Pfiester lebten 1945 ihr Sohn Hans mit seiner Ehefrau Hedwig, geborene Schardein, zusammen in dem Haus an der Hauptstraße. Hans Pfiester führte die Landwirtschaft weiter und wurde nach der Gründung der Bundesrepublik zum ersten frei gewählten Bürgermeister der Gemeinde Rohrbach.

  • Er stand äußerst trostlosen Nachkriegsverhältnissen gegenüber. Die meisten Männer befanden sich noch in Kriegsgefangenschaft oder es herrschte Ungewissheit, ob sie überhaupt noch am Leben waren. Schulhaus und Rathaus waren demoliert, die Möbel verheizt. Flüchtlinge aus den Ostgebieten strömten in die Gegend und mussten untergebracht und irgendwie versorgt werden. Die französische Besatzungsmacht forderte hohe Abgaben von der Bevölkerung und überall herrschte Wohnungsnot. Hans Pfiester muss seiner Aufgabe wohl sehr gerecht geworden sein. Die Dorfbevölkerung wählte ihn fast ein Vierteljahrhundert lang zu ihrem Bürgermeister. 1970 legte er sein Amt nieder und 1974 ernannte die Gemeinde Rohrbach ihn zu ihrem Ehrenbürger. Er starb 7.5.1984 nach schwerer Krankheit.

  • Nachdem die Ehe von Hans und Hedwig Pfiester kinderlos geblieben war, bot sich für die Gemeinde die Gelegenheit, das zu Haus zu erwerben. Das es dann auch Dorfmuseum geworden ist, hätte sicher den Zuspruch Hans Pfiesters gefunden. Zu Lebzeiten hatte er die Schusterwerkstatt seines Vaters der Gemeinde mit dem Vermerk „für’s Museum“ geschenkt.




Diese Informationen sind dem hier abgebildeten Werk von Gudrun Elsner aus dem Jahre 1993 entnommen.
Wer sich näher für die Geschichte interessiert, ist herzlich eingeladen das Dorfmuseum zu besuchen. 

Hier liegt auch ein Exemplar dieses sehr lesenswerten Geschichtsbuches zur Einsicht aus.

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